Liebe Leserinnen und Leser,
der fünfte Fastensonntag ist auch der Misereorsonntag. Ich finde: Gerade in Zeiten, in denen wegen der Corona – Lage viele Menschen nicht unsere Gottesdienste besuchen können, ist es wichtig, auf die Misereoraktion aufmerksam zu machen. „Es geht! Anders“ – das ist das sehr gelungene Leitwort der Aktion in diesem Jahr.
Dieses Leitwort hat zwei Dimensionen für mich. Da ist zum einen eine ganz persönliche Dimension: Es ruft mich auf, meinen Lebensstil zu hinterfragen: Wie kann ich nachhaltig und gut leben? Was bedeutet ein Lebensstil für mich, der Gerechtigkeit und Veränderung im Blick hat? Ich weiß doch: Große Veränderungen beginnen bei mir ganz persönlich. Misereor hat dazu (www.misereor.de) ganz praktische Handlungsempfehlungen für den Alltag an die Hand gegeben, die einen anderen Lebensstil möglich machen. Pfarrer Glaser hat davon in seinem Wochenwort zu Beginn der Fastenzeit berichtet. Schauen Sie doch einmal rein!
Die andere Dimension ist für mich eine Politische: Die Coronakrise hat Konflikte und strukturelle Ungerechtigkeit sehr deutlich gemacht. Papst Franziskus hat das in seiner bewegenden Predigt bei seinem Segen „urbi et orbi“ aus Anlass der Corona – Pandemie im letzten März auf den Punkt gebracht: „In unserer Welt, die du (Gott) noch mehr liebst als wir, sind wir mit voller Geschwindigkeit weitergerast und hatten dabei das Gefühl, stark zu sein und alles zu vermögen. In unserer Gewinnsucht haben wir uns ganz von den materiellen Dingen in Anspruch nehmen und von der Eile betäuben lassen. Wir haben vor deinen Mahnrufen nicht angehalten, wir haben uns von Kriegen und weltweiter Ungerechtigkeit nicht aufrütteln lassen, wir haben nicht auf den Schrei der Armen und unseres schwer kranken Planeten gehört. Wir haben unerschrocken weitergemacht in der Meinung, dass wir in einer kranken Welt immer gesund bleiben würden.“
Das Wort „Es geht! Anders!“ rüttelt auf! Es ruft mich auf, nicht mehr weg zu sehen. Es motiviert mich zu überlegen, wie und mit wem zusammen ich meine Stimme gegen die zunehmende wirtschaftliche Ausbeutung und ethnische Unterdrückung dieser Menschen meine Stimme erheben kann.
Die Misereoraktion verbindet diese beiden Dimensionen, meine ganz persönliche und auch die Politische.
Und das Leitwort „Es geht! Anders!“ spricht dazu noch von einer tiefen Hoffnung: Gott hat es – und genau davon werden die letzten beiden Wochen der Fastenzeit erzählen – anders gemacht. Er hat nicht durch Gewalt und die Sprache der Macht durchgegriffen. Vielmehr hat er in Jesus Christus mit den Menschen mitgelitten und durch die Auferstehung Jesu klargemacht: Das Leben wird am Ende stärker sein als die vernichtenden Mächte des Todes.
Beim Misereor – Sonntag geht es um mehr als um eine Spendensammlung, so wichtig diese auch ist. Es geht um eine Mahnung, unseren Lebensstil zu überdenken und uns für eine andere Welt einzusetzen. Das geht!
Rolf Müller
von Monika Stanussek
Jedes Jahr sind die ersten Märztage sehr „Frauen geprägt“: am Montag dieser Woche war der Internationale Frauentag, am Freitag davor der Weltgebetstag, an dem in diesem Jahr die Liturgie von einer Frauengruppe aus Vanuatu gestaltet wurde. Beide Tage werden in vielen Ländern gefeiert. Sie rücken die mehr als 50 % der Weltbevölkerung in den Blick, die nach wie vor nicht mit gleichen Rechten, gleichen Chancen, gleichen Einkommen, gleichen Lebens- und Entfaltungsmöglichkeiten … und gleichen Rechten in ihrer jeweiligen Religion ausgestattet sind.
Auch in Deutschland: 18 % verdienen Frauen durchschnittlich weniger als Männer, berufliche Entwicklungsmöglichkeiten werden erschwert (siehe Überschrift und Artikel der Frankfurter Rundschau von heute, 13.03. „Frauen sind außen vor, Deutsche Bank setzt vor allem auf Männer“), Frauen leisten etwa doppelt so viel Familienarbeit wie Männer, jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder früheren Partner getötet …
In den Ländern der südlichen Halbkugel ist die Ungleichheit noch sehr viel gravierender: Frauen leisten weltweit nahezu die Hälfte der landwirtschaftlichen Arbeit, in armen Ländern bis zu 70 %, doch weniger als 20 % der landwirtschaftlichen Fläche sind im Besitz von Frauen. Frauen haben weniger Lebenschancen: in vielen Ländern werden weibliche Föten abgetrieben, Mädchen werden schlechter ernährt, haben weniger Bildungsmöglichkeiten, sind oft nicht erbberechtigt, Gewalt gegen Frauen ist allgegenwärtig. (siehe Misereor-Kalender vom 11.03.2021)
Die Ungerechtigkeit schreit zum Himmel! Die Ungleichheit verhindert Entwicklung.
In unseren Glauben an die frohe Botschaft vom Gott der Befreiung gehört zentral der Einsatz für Gerechtigkeit, Menschenwürde und somit auch für Gleichberechtigung. Gerechtigkeit ist ein zentrales Thema der Propheten des 1. Testaments, wie z.B. Jesaja 58, 6: Ist das nicht ein Fasten, wie ich es wünsche: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, Unterdrückte freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen?
Jesus hatte eine befreiende Praxis in seinem Umgang mit Menschen, gerade auch mit Frauen, anders als damals üblich, er war zugewandt und begegnete ihnen auf Augenhöhe. Sein Leben ist Maßstab und wiegt mehr als Traditionen. In seiner Nachfolge braucht es den Einsatz von uns Christinnen und Christen für Gerechtigkeit, Gleichheit und Menschwürde weltweit. Und auch das beharrliche Eintreten für Veränderungen in unserer Kirche!
Auf diesem Weg Mut machende Gedanken von Dorothee Sölle:
„Wir haben den längeren Atem.
Wir sind unterwegs in größerer Hoffnung
zu uns gehören die Empfindsamen und Unruhigen
und die nicht verbittern in traurigen Erfahrungen
und die hier bleiben
nicht weggehen
wohin die Sonne untergeht
noch wegtreten nach innen
die aber erleben wollen
die menschliche Gemeinschaft
wo aufstrahlt das Licht
bei uns hat schon mal einer
alle geladen zum Fest.“
von Thomas Schmidt
Nach der Volkskirche: Kirche im Volk
„Die Volkskirche kommt nicht wieder“ sagt unser Bischof Georg Bätzing. Und er fügt hinzu: "Diese Sozialstruktur, in der Kirche-Sein, in der religiöse Sozialisation irgendwie in einem Automatismus verlief, ist vorbei.“
Hat er Recht? Vieles spricht dafür: Die Selbstverständlichkeit kirchlichen Lebens ist uns weitgehend abhandengekommen. Die Weitergabe des Glaubens an die nächsten Generationen scheint kaum noch zu gelingen. Corona beschleunigt diese Tendenzen.
Trotzdem leben Gemeinden. Und in ihnen gläubige Menschen. Und mit ihnen Engagement, Initiativen, Ideen, auch neue. Selbstverständlich ist aber nichts mehr.
Was sind die Alternativen? Der Bischof sagt: "Wir müssen ganz andere Wege gehen." Das ist ein schöner Satz, dem man zustimmt und der einen doch ratlos zurück lässt. Was heißt das?
Für mich ist wichtig, dass die Nachfolgerin der Volkskirche eine Kirche im Volk ist, mitten unter den Menschen, nicht abgesondert, in sich verschlossen und mit sich beschäftigt. Sondern mittendrin: kommunikativ, dialogfähig, dienend, ermutigend, suchend und fragend.
Es gibt kein Rezept für diese neue Etappe des Kirche-Seins, schon gar nicht ein einziges. Um weiter zu kommen, um eine neue Form von Kirche sich entwickeln zu lassen, braucht es eher eine Haltung, die Rilke in seinem schönen Gedicht „Über die Geduld“ beschreibt:
„Man muss Geduld haben.
Mit dem Ungelösten im Herzen,
und versuchen, die Fragen selber lieb zu haben,
wie verschlossene Stuben,
und wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.
Es handelt sich darum, alles zu leben.
Wenn man die Fragen lebt, lebt man vielleicht allmählich,
ohne es zu merken,
eines fremden Tages
in die Antworten hinein. (R.M. Rilke)
Die Fragen leben und sich so eines Tages in die Antworten hineinzuleben, sind das die „anderen Wege“, die der Bischof meint?
von Ralf Albensoeder
Es ist Samstagnachmittag, die Sonne scheint, hier in Frankfurt, wo ich jetzt das Wochenwort schreibe und in Ur der Ort, in dem die drei großen Religionen, Judentum, Christentum und Islam ihren Ursprung haben, wo Abraham seine Wohnstätte hatte, bevor er aufbrach im Vertrauen auf die Verheißung Gottes.
Auch wenn es nur die Aufzeichnung von heute Vormittag von Vatican media war: Es war und ist beeindruckend z.B. das Zeugnis von zwei jungen Menschen Dawud und Hassan. Der Christ und der Muslim eröffneten zusammen ein Geschäft, um sich unter anderem ihr Studium finanzieren zu können - obwohl sie nicht derselben Religion angehören.
Angehörige der verschiedensten Religionen beteten um Frieden und Toleranz an diesem Ort.
Wenn ich eben den Kommentar richtig verstanden habe, soll dieser 6. März im Irak zum Gedenktag für Toleranz erhoben werden
Jetzt beginnt gerade die Liveübertragung der Messe aus Bagdad im Chaldäischen Ritus, an dem auch erkennbar Muslime teilnehmen.
Bilder wie aus einem Traum, dass Menschen in Frieden und Eintracht zusammenleben und dann fällt mit der Psalm 133 in:
„Siehe, wie gut und wie schön ist es, wenn Brüder und Schwestern miteinander in Eintracht wohnen. Es ist wie köstliches Salböl auf dem Haupt, das hinabfließt auf den Bart, den Bart des Aaron, das hinabfließt auf den Saum seines Gewandes.“
Ein Traum? Wenn einer alleine träumt, ist es nur ein Traum, wenn aber viele gemeinsam träumen ist es der Beginn einer neuen Wirklichkeit.
Unser Papst und viele Menschen heute im Irak wollen eine neue Wirklichkeit schaffen. Wir können es jeden Tag ihnen gleichtun. Auch hier in Frankfurt.
Dann scheint die Sonne nicht nur heute nachmittag.
Quelle Vativan.va
Gebet der Kinder Abrahams (von Papst Franziskus)
Allmächtiger Gott, unser Schöpfer, du liebst die Menschheitsfamilie und auch sonst alles, was deine Hände vollbracht haben. Wir, die Söhne und Töchter Abrahams, die dem Judentum, dem Christentum und dem Islam angehören, danken dir zusammen mit anderen Gläubigen und allen Menschen guten Willens, dass du uns Abraham, einen berühmten Sohn dieses edlen und geschätzten Landes, als gemeinsamen Vater im Glauben geschenkt hast.
Wir danken dir für das Beispiel dieses gläubigen Mannes, der dir bis zum Äußersten gehorchte und seine Familie, seinen Stamm und sein Land verließ, um in ein Land zu gehen, das er nicht kannte.
Wir danken dir auch für das Beispiel an Mut, Durchhaltevermögen, Seelenstärke, Großzügigkeit und Gastfreundschaft, das uns unser gemeinsamer Vater im Glauben gegeben hat.
Wir danken dir insbesondere für seinen heroischen Glauben, den er bewies, als er bereit war, seinen Sohn zu opfern, um deinem Befehl zu gehorchen. Wir wissen, dass dies eine äußerst schwierige Prüfung war, aus der er dennoch als Sieger hervorging, weil er dir ohne Vorbehalt traute, der du barmherzig bist und immer neue Wege für einen Neubeginn eröffnest.
„Du hast Abraham zu einem Segen für alle Völker gemacht“
Wir danken dir, denn dadurch, dass du unseren Vater Abraham gesegnet hast, hast du ihn zu einem Segen für alle Völker gemacht.
Wir bitten dich, du Gott unseres Vaters Abraham und unser Gott: Schenke uns einen starken Glauben, der sich für das Gute einsetzt, einen Glauben, der unsere Herzen für dich und für alle unsere Brüder und Schwestern öffnet, und eine Hoffnung, die sich nicht unterdrücken lässt und überall die Treue deiner Verheißungen zu erkennen vermag.
Mache jeden von uns zu einem Zeugen deiner liebenden Sorge für alle, besonders für die Flüchtlinge und Vertriebenen, die Witwen und Waisen, die Armen und Kranken.
„Schenke uns die Bereitschaft, einander zu vergeben“
Öffne unsere Herzen, schenke uns die Bereitschaft, einander zu vergeben und mache uns zu Werkzeugen der Versöhnung und des Friedens, zu Erbauern einer gerechteren und geschwisterlicheren Gesellschaft.
Nimm alle Verstorbenen, besonders die Opfer von Gewalt und Krieg, auf in dein Reich des Lichtes und des Friedens. Steh den Verantwortlichen darin bei, die Entführten zu suchen und zu finden und vor allem Frauen und Kinder zu schützen.
Hilf uns für den Planeten Sorge zu tragen, das gemeinsame Haus, das du uns allen in deiner Güte und Großzügigkeit gegeben hast.
Komm uns beim Wiederaufbau dieses Landes zu Hilfe und gib uns die Kraft, die wir brauchen, um denen zu helfen, die ihre Heimat und ihr Land verlassen mussten, so dass sie sicher und in Würde zurückzukehren und ein neues Leben in Frieden und Wohlstand beginnen können. Amen.
Die Rede des Heiligen Vaters bei der interreligiösen Begegnung in Ur können Sie hier nachlesen
Liebe Leserin, lieber Leser,
haben Sie gestern auch die wärmenden Sonnenstrahlen und den blauen Himmel genossen?
Da kommt beim Aufwachen früh morgens doch gleich Freude auf, oder?
Ich hoffe, Sie sind am Aschermittwoch gut in die Fastenzeit gestartet.
In den letzten Tagen, Wochen und Monaten habe ich viele Gespräche vor allem mit Familien geführt, die während der Zeit des Lockdowns an und über ihrer Grenze den täglichen Alltag bewältigen.
Einige von ihnen umtreiben neben dem täglichen Wahnsinn der Organisation von Home-Office, Home - Schooling, Home-Kindergarten auch existentielle Ängste und Sorgen, finanzielle Nöte, Sorge um den Arbeitsplatz oder sogar den Verlust dessen.
Da steht das Klagen berechtigterweise an erster Stelle.
Dennoch möchte ich Ihnen heute einen Perspektivwechsel ermöglichen – die Sonnenstrahlen und die damit verbundene Freude, jedenfalls in mir – setzen ein Zeichen gegen die Dunkelheit, den Frust und die Unsicherheit des Lockdowns.
In der Fastenzeit bereiten wir uns auf Ostern vor – das Fest der Freude, Hoffnung und des Lebens.
Das Bistum Limburg hat in dieser Fastenzeit eine Aktion ins Leben gerufen, die den Titel „good-news“ trägt. Unter www.good-news.bistumlimburg.de werden hoffnungsvolle, schöne und wunderbare Nachrichten aus dem Leben gesammelt.
Gerne möchte ich Sie dazu ermutigen und einladen, sich mit Ihrer ganz persönlichen hoffnungsvollen, freudigen, wunderbaren Nachricht an der Aktion zu beteiligen.
Klicken Sie einfach auf den Link und teilen Sie dort mit den Menschen Ihre schöne, freudige Nachricht.
Und wenn Sie das Gefühl haben, dass die Klage und die Not dem derzeit im Weg stehen, möchte ich Ihnen gerne https://klageraum.online/ vorstellen. Ein Ort, an dem alle kleinen und großen Nöte dieser Zeit ihren Platz und ihre Aufmerksamkeit finden – auch im Lockdown, auch in der Quarantäne und in der Isolation ist dieser Klageraum erreichbar.
Das Angebot ist als spirituelles Angebot zu verstehen, das Menschen Raum geben soll, sich und das, was sie bewegt, auszudrücken.
Klagen schafft Beziehung. Denn Klagen heißt: aussprechen, damit jemand hört!
Gemeinsam klagen schafft Solidarität. Denn gemeinsam klagen lässt spüren: Ich bin mit meiner Not nicht allein!
Klage ist Hoffnung!
Aus der Klage heraus kann ich dann die Hoffnung spüren, dass das Leben, auch im Lockdown viele schöne, freudige, wunderbare Augenblicke für mich bereithält
In diesem Sinne wünsche Ihnen von Herzen eine gesegnete Fastenzeit.
Bleiben Sie gesund und von Gott behütet,
Ihre Verena Nitzling